Die Studierendenschaft der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg verurteilt den antisemitischen Angriff auf einen Studierenden auf das Schärfste. Der Angriff ereignete sich in der Nacht auf den 29. August im Verbindungshaus der Burschenschaft Normannia und wurde durch Mitglieder ebendieser Burschenschaft sowie anwesende Gäste verübt.
„Sowohl die Universität Heidelberg als auch die Heidelberger Studierendenschaft haben eine beschämende Vergangenheit, was Antisemitismus und Nationalsozialismus anbelangt. Als Studierende der Universität Heidelberg sehen wir uns deshalb in einer besonderen Verantwortung, dass weder nationalsozialistisches Gedankengut noch Antisemitismus je wieder einen Platz an unserer Universität – oder überhaupt in unserer Gesellschaft – finden. Gemeinsam mit unseren Kommiliton*innen setzen wir uns mit Nachdruck gegen derartiges Gedankengut ein und appellieren an die Studierendenschaft, bei solchen Vorfällen Zivilcourage zu zeigen“, so der Vorsitzende der Studierendenschaft, Leon Köpfle.
Die Heidelberger Studierenden verstehen sich als eine offene und tolerante Gemeinschaft. Schon 2013 haben die Studierenden Toleranz und den Kampf gegen Diskriminierung und Benachteiligung zu den Grundprinzipien der Arbeit ihrer Vertretung erklärt. „Wir stehen daher hinter der jüdischen Gemeinde und allen jüdischen Studierenden. Dass im Jahre 2020 immer noch – oder sogar wieder verstärkt – jüdische Kommiliton*innen und Mitbürger*innen angepöbelt und angegriffen werden, ist ein Skandal“, erklärt Mithily Masilamany, Referentin für Betroffene von Rassismus und Diskriminierung aufgrund kultureller Zuschreibungen. „Staat und Zivilgesellschaft sind nun aufgerufen, dafür zu sorgen, dass Jüdinnen und Juden sich in unserer Mitte sicher und als geschätzter Teil unserer Gesellschaft fühlen. Ein fatales Signal wäre es, nur auf die körperlichen Übergriffe und Schäden zu schauen und die psychische Gewalt und ihre Schäden aus den Augen zu lassen.“
Die Studierendenvertretung der Universität Heidelberg schließt sich der Forderung nach einer lückenlosen Aufklärung des Falls an. Neben etwaigen strafrechtlichen Konsequenzen für einzelne Beteiligte darf die Auflösung der Aktivitas der Normannia jedoch nicht die einzige Konsequenz bleiben. Zu den vielen offenen Fragen gehört, wie die Normannia sich so lange ohne Widerstände und fehlende Distanzierung von Kommiliton*innen in Heidelberg halten konnte, obwohl – wie sich den Presseberichten der letzten Tage entnehmen ließ – rechtsextreme Umtriebe dort wohlbekannt waren. Auch fehlen bisher eindeutige Positionierungen der Heidelberger Zivilgesellschaft zum Fortbestand des Altherrenvereins der Normannia, trotz der auch hier publik gewordenen Verfehlungen und Gesinnungen.
Die Referatekonferenz wünscht dem Kommilitonen, dem dieser feige Übergriff galt, alles Gute, eine schnelle Genesung und eine Zukunft ohne solche Übergriffe. Für Letzteres möchten wir uns besonders einsetzen.